Die Abwasserbehandlung in einer Kläranlage kann prinzipiell in zwei grobe Betriebsbereiche unterteilt werden:
- die Abwasserreinigung und
- die Schlammbehandlung
Besondere Grundlagen der Abwasserbehandlung bilden das Wasserrecht und das Abfallrecht. Das Wasserecht (Wasserhaushaltsgesetz) regelt die Bedingungen und Anforderungen für das Sammeln, Klären und Einleiten von Abwasser bzw. gereinigtem Abwasser. Das Abfallrecht und hier insbesondere die Spezialvorschriften der Abfallklärschlammverordnung (AbfKlärV) regeln die Verwertung der bei der Abwasserreinigung anfallenden Reststoffe (Klärschlamm)
Abwasserreinigung
Bei der Abwasserreinigung werden dem Abwasser die Schadstoffe entzogen und das gereinigte Wasser zurück in den Wasserkreislauf gegeben. Kläranlagen erfüllen damit eine besondere Umweltdienstleistung. Die gesetzlichen Auflagen sind hoch und die behördliche Überwachung engmaschig. Werden festgelegte Grenzwerte im Ablauf einer Abwasserbehandlungsanlage überschritten, so drohen empfindliche finanzielle Strafen (Abwasserabgabe) oder auch strafrechtliche Konsequenzen für die Betriebsverantwortlichen.
Bei der Abwasserreinigung werden verschiedene Prozessschritte durchlaufen. Obwohl jede Kläranlage individuell geplant und aufgebaut ist, so folgen sie den gleichen groben Grundprinzipien. Folgende Verfahrensstufen sind in Deutschland bei den zentralen Kläranlagen Standard:
- Mechanisch-physikalische Behandlung
- Biologische Behandlung
- Denitrifikation und Phosphorfällung
Anlagentechnisch besteht eine zentrale Kläranlage aus einem Rechen, einem Sandfang, einem Vorklärbecken einer Biologie und einem Nachklärbecken mit Ablauf zu einem Einleitbauwerk.
Der Rechen entfernt aus dem an der Kläranlage ankommenden Abwasserstrom grobe Verunreinigungen wie Hygieneartikel, Tüten, Äste oder grobe Steine.
Der Sandfang ist ein Absetzbecken oder Rinne in der Sand, kleine Steine oder auch Glassplitter durch Schwerkraft abgetrennt werden.
Vorklärbecken sind meist auf Kläranlagen mit anaerober Schlammbehandlung zu finden. Im Vorklärbecken werden ungelöste organische Verschmutzungen durch Verringerung der Fließgeschwindigkeiten und Verwirbelungen im Wasser als Schlamm (sog. Primärschlamm) am Beckenboden abgesetzt und abgezogen.
Rechen, Sandfang und Vorklärung zählen zur mechanisch-physikalischen Abwasserbehandlung.
Zur biologischen Behandlungsstufe gehören die Biologie (Belebungsbecken) und das Nachklärbecken. In der Biologie werden die gelösten organischen Verunreinigungen durch Mikroben und Pilze durch Stoffwechselprozesse zu Biomasse, die den sogenannten Belebtschlamm bilden, und Kohlendioxid gewandelt. Durch Eindüsen von (Luft-)Sauerstoff werden die Bedingungen für die sauerstoffverbrauchenden Organismen optimiert. Auf einer Kläranlage wird eine Reihe von bedeutsamen Parametern gemessen. Zwei Parameter spielen jedoch für die Prozesssteuerung eine hervorgehobene Rolle. BSB5 und CSB sind sogenannte Summenparameter und zeigen an, wie hoch der chemische Sauerstoffbedarf (CSB) und der biologische Sauerstoffbedarf (BSB) sind, um die Verunreinigungen durch Oxidation zu binden.
In der Nachklärung wird der in der Biologie gebildete Belebtschlamm (als Schwebstoffe) abgesetzt und das Überstandswasser in das Einleitbauwerk zur Einleitung in den Vorfluter abgeleitet. Der abgesetzte Belebtschlamm wird aus der Nachklärung abgezogen und zum größten Teil wieder in die Biologie als sogenannter Rücklaufschlamm zurückgegeben, da dieser die Mikroben und Pilze für die oxidativen Prozesse enthält. Der Teil, der nicht für die Biologie benötigt wird, wird als sogenannter Überschussschlamm abgetrennt und der Schlammbehandlung zugeführt.
Auf den meisten zentralen Kläranlagen in Deutschland wird die Biologie mit zusätzlichen Verfahren zur Entfernung von Phosphor und Stickstoff kombiniert.
Bei der Stickstoffelimination wird der aus den organischen Verbindungen stammende Stickstoff (z.B. Ammoniak) zunächst durch spezielle Mikroben unter sauerstoffreichen Bedingungen zu Nitrat oxidiert (Nitrifikation) und anschließend unter sauerstoffarmen Bedingungen zu Luftstickstoff gewandelt (Denitrifikation). Hierfür gibt es verschiedenste technische Lösungen. Häufig wird jedoch in dem Belebungsbecken der biologischen Behandlungsstufe eine aerobe (sauerstoffreiche) und eine weniger belüftete anaerobe (sauerstoffarme) Zone eingerichtet.
Zur Phosphorentfernung werden grundsätzlich zwei unterschiedliche Verfahrensansätze genutzt, die biologische Phosphateliminierung (Bio-P) und die chemische Phosphatfällung mit sulfatischen oder chloridischen Fällsalzen. Teilweise werden die Verfahren auch kombiniert eingesetzt.
Während bei der biologischen Phosphateliminierung später in der Schlammbehandlung eine Phosphatabscheidung zur Rückgewinnung auf der Kläranlage ermöglich wird, ist dies bei der chemischen Fällung nur unter extremem technischen Aufwand möglich. Hier erfolgt eine Phosphorrückgewinnung aus den Aschen nach vorheriger thermischer Behandlung der Klärschlämme im Anschluss an die Abwasserbehandlung. Bei der chemischen Phosphateliminierung werden eisen- und aluminiumbasierte sulfatische oder chlorische Fällsalze verwendet, die mit dem gelösten Phosphat schwerlösliches Eisen- und Aluminiumphosphat bilden.
Bei der biologischen Phosphateliminierung werden spezielle, phosphatabsorbierende Mikroben, ähnlich wie bei der Stickstoffeliminierung, abwechselnd aeroben und anaeroben Bedingungen ausgesetzt. Hierdurch nehmen die Mikroben mehr Phosphor auf, als unter gleichbleibenden Bedingungen. Durch den Wechsel der Bedingungen geben die Mikroben das überschüssige Phosphat (sog. Luxury Uptake) wieder ab und es kann durch eine Struvit-Kristallisation abgetrennt werden.
Schlammbehandlung
Die Schlammbehandlung ist eine Pflichtaufgabe von Betreibern von Kläranlagen. Hauptaufgabe der Schlammbehandlung ist den bei der Abwassereinigung anfallenden Reststoff (Schlamm) für die Umwelt unschädlich zu machen. Hierzu gehört die Stabilisierung und die sachgerechte Verwertung nach Kreislaufwirtschaftsgesetz. Stabilisierung bedeutet, dass der Schlamm von einem biologisch aktiven, faulungsfähigen Zustand in einen inaktiven, stabilen Zustand zu überführen ist.
Die auf der Kläranlage anfallenden Schlämme werden gemeinhin als Klärschlamm bezeichnet, obwohl es für Klärschlamm nach Abfallrecht eine Legaldefinition gibt. Nach § 2, Abs. 2 AbfKlärV ist Klärschlamm ein Abfall aus der abgeschlossenen Behandlung von Abwasser in Abwasserbehandlungsanlagen, der aus Wasser sowie aus organischen und mineralischen Stoffen, ausgenommen Rechen-, Sieb- und Sandfangrückständen, besteht, auch wenn der Abfall entwässert oder getrocknet sowie in Pflanzenbeeten oder in sonstiger Form behandelt worden ist. § 3, Abs. 3 grenzt Klärschlamm von anderen auf der Kläranlage anfallenden Schlammen als Rohschlamm ab. Rohschlamm ist entsprechend der Legaldefinition nicht stabilisierter oder teilstabilisierter Schlamm, der Abwasserbehandlungsanlagen vor Abschluss der Abwasserbehandlung entnommen wird. Alle Schlämme auf der Kläranlage, die nicht für die Verwertung vorbereit sind, sind somit Rohschlämme.
Rohschlämme werden entsprechend der Prozessführung in drei wesentliche Kategorien eingeteilt:
- Primärschlamm
- Überschussschlamm
- Rücklaufschlamm
Primärschlamm ist der in der Vorklärung abgesetzte und abgezogene organische Feststoff. Diese Art des Schlammes findet man überwiegend bei Kläranlagen, die über eine sogenannte anaerobe Schlammbehandlung – auch Faulung genannt – verfügen.
Überschussschlamm ist der nicht aus der Nachklärung in das Belebungsbecken zurückgeführte Anteil des abgezogenen Belebtschlammes. Rücklaufschlamm bezeichnet den von der Nachklärung zurückführten Belebtschlammanteil.
Bei der Schlammbehandlung können drei grundsätzliche Verfahrensprinzipien unterschieden werden:
- Aerobe Schlammbehandlung
- Anaerobe Schlammbehandlung (Faulung)
- Chemische Schlammbehandlung durch Zugabe von Kalk
Bei der chemischen Schlammbehandlung werden biologische Prozesse durch Zugabe von Brandkalk unterdrückt (Stablisierung). Hier findet eine Massenzunahme statt. Eine derartige Stabilisierung wird aus Kostengründen kaum noch durchgeführt.
Bei der aeroben Schlammbehandlung werden organische Verbindungen während des Abwasser-reinigungsprozesses durch Luftstauerstoff in weitestgehend inaktive Biomasse gewandelt. Durch längere Verweilzeiten in den Klärbecken und durch Belüftungssysteme entsteht ein Großteil des Energiebedarfes auf der Kläranlage. Meist schließt sich der Schlammstabilisierung eine Eindickung über Schwerkraft in offenen Becken an. Durch verbleibende biologische Restaktivität entsteht Methan, das in die Atmosphäre entweicht. Bei diesem Verfahren wird ca. 1/4 der Organik abgebaut.
Bei der anaeroben Stabilisierung wird unter Sauerstoffabschluss die Organik in einem Faulbehälter umgewandelt und zu ca. 1/3 abgebaut. Das entstehende Faulgas (Methan und Kohlendioxid) wird aufgefangen und zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt. Wird der Faulung zusätzlich noch eine Desintegration (Zerstörung der Zellstrukturen der Biomasse) vorgeschaltet, so steigert dies den Organik-abbaugrad und die Faulgasausbeute. Insgesamt werden die Verweilzeiten des Schlammes in den Klärbecken und damit der spezifische Energieeintrag durch Belüftung reduziert. Zum Betrieb der Faulbehälter und einer ggfs. vorgeschalteten Desintegration wird Energie benötigt, die aus dem erzeugten Faulgas gedeckt werden kann. Bei der anaeroben Schlammbehandlung werden in der Regel Primär- und Überschussschlamm gemeinsam einem Faulbehälter zugeführt und stabilisiert.
Der aeroben oder anaeroben Schlammbehandlung schließt sich eine maschinelle Entwässerung an, bei der der Trockensubstanzgehalt (TS) der Schlämme von 1,5% TS bis 3% TS auf ca. 25% erhöht wird. Maschinell entwässerte Klärschlämme haben eine torfähnliche Konsistenz.
Damit wird neben der Stabilisierung der Schlämme die zweite wesentliche, wirtschaftliche Aufgabe der Schlammbehandlung deutlich – nämlich die Reduktion von zu entsorgenden Abfallmassen.
Mit der Änderung der Randbedingungen für die Klärschlammverwertung ab dem 01.01.2029 durch die AbfKlärV kommt der Schlammbehandlung nicht nur eine gesetzlich vorgegebene, sondern auch eine erhöhte strategisch-wirtschaftliche Bedeutung zu.